Vom Existenzminimum zur Dankbarkeit


Vom Existenzminimum zur Dankbarkeit
Lange Zeit musste ich als alleinerziehende Mutter mit drei kleinen Kindern am Existenzminimum leben – manchmal sogar darunter.
Es waren Jahre, in denen ich nicht wusste, wie ich die nächste Woche, manchmal nicht einmal den nächsten Tag finanziell überstehen sollte. Es war nicht einfach, das Essen auf den Tisch zu bringen – schon gar nicht mit drei Kindern und ohne Partner an meiner Seite.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich bei meiner Mutter oder meiner Schwester anklopfte und fragte, ob sie mir einen Zehner oder Zwanziger ausleihen könnten. Nicht für irgendetwas Besonderes – einfach, um wieder ein, zwei Tage lang genug Essen für die Kinder zu haben.
Solche Situationen brennen sich ein. Sie hinterlassen nicht nur Sorgenfalten, sondern auch eine gewisse Demut.
Ich weiss, wie schwer es ist, wenn man in solchen Zeiten steckt.
Es ist dieses Gefühl, dass die Welt an einem vorbeizieht, während man selbst nur damit beschäftigt ist, den nächsten Schritt zu schaffen. Aber so schwer es auch war – ich wusste: Es muss immer weitergehen.
Also ging ich weiter. Schritt für Schritt, durch Höhen und Tiefen, manchmal mit Tränen, manchmal mit einem Lächeln, das ich meinen Kindern zuliebe aufsetzte.
Irgendwann begann sich etwas zu verändern. Ganz leise, fast unmerklich, aber beständig. Ich konnte wieder etwas aufbauen, langsam kam ein wenig Luft zum Atmen. Heute stehe ich an einem Punkt, an dem ich sagen kann: Es ist gut so, wie es gekommen ist.
Heute darf ich mir ab und zu etwas gönnen.
Wenn ich meine Grosskinder in Zypern besuche, wenn ich etwas Schönes sehe, das mir Freude macht – ich kann es mir kaufen, ohne jedes Mal lange abzuwägen: Soll ich oder soll ich nicht? Fehlt mir das Geld danach für etwas anderes?
Diese Freiheit ist für mich etwas Kostbares, und ich schätze sie umso mehr, weil ich weiss, wie es ist, wenn jeder Franken dreimal umgedreht werden muss.
Ich bin heute dankbar für das, was ich habe.
Aber ich bin auch dankbar für die schweren Zeiten. So merkwürdig das klingen mag: Diese Jahre haben mir gezeigt, was wirklich zählt. Sie haben mich geerdet, mir Stärke verliehen und mich gelehrt, auch kleine Dinge zu würdigen.
Vielleicht ist das die wichtigste Erkenntnis:
Auch in der grössten Not steckt etwas, das uns formt.
Heute schaue ich zurück und weiss: Ohne diese Erfahrungen wäre ich nicht die, die ich heute bin. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum ich all das Wertvolle und Schöne, das mein Leben heute bereichert, so tief empfinden kann.
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Für alle, die gerade mitten in einer schweren Zeit stecken:
Ich möchte dir sagen: Gib nicht auf. Auch wenn es sich manchmal anfühlt, als gäbe es keinen Ausweg – das Leben kann sich verändern, oft ganz leise und langsam, aber es kann.
Jeder kleine Schritt zählt.
Manchmal besteht Stärke einfach darin, den nächsten Tag zu schaffen und weiterzugehen.
Und eines Tages wirst auch du zurückblicken und erkennen, wie viel Kraft in dir gewachsen ist, gerade durch diese schwierigen Phasen.